Bildung in Zeiten von Corona

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Die Corona-Pandemie hat uns alle vor große Herausforderungen gestellt. Homeschooling und Distanzunterricht werden in der Presse hoch und runter diskutiert - und sind für viele Schüler, Studierende und Eltern zum – teils anstrengenden – Alltag geworden. In diesen schwierigen Zeiten der Sehnsucht nach Präsenzunterricht gibt es aber auch Lichtblicke. Wenn Vorlesungsräume zu Fernsehstudios werden und sowohl Dozenten als auch Studierende und Schüler – beeindruckt vom technisch Möglichen – sich in begeisterndem Online-Unterricht engagieren, dann ist es zumindest ein bisschen gelungen, aus der Not eine Tugend zu machen.

Wir haben mit Dozenten und Studierenden sowie Lehrern, Schülern und Eltern über diese Situation gesprochen. Auch hier sind die Meinungen teilweise gespalten.

Lehrer

Wie war die Umstellung von offline zu online für Sie?

Dr. Stefan Wolkenfeld, Head of Department for Music and Secondary School Coordinator: Die Umstellung von “offline” zu “online” verlief reibungslos, da sowohl den Schülern und deren Eltern als auch uns Lehrern die Funktionen der “Google Learning-Suite” schon bekannt waren. Die Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern der Elementary School über die Homeroom-Lehrer und die erarbeiteten Wochenpläne ist stimmig und gibt den Kindern Sicherheit und Routine. Sie müssen sich – hier kann ich als Vater zweier Schüler an staatlichen Schulen von anderer Gepflogenheit berichten – nicht auf sich wöchentlich ändernde Pläne und Abläufe einstellen.

Damir Dzafic, Elementary School Coordinator: Der gesamte Übergang zum Distanzunterricht verlief reibungslos. Der zweite Übergang war auf Grund all der Erfahrungen, die wir aus dem ersten Lockdown gewonnen haben, deutlich einfacher. Eine zentrale Rolle bei der Umstellung ist die Vorbereitung und Vorausplanung, die es uns ermöglicht hat, schnell zu reagieren. Unsere IT-Abteilung hat dafür gesorgt, dass alles (Laptops, Smartboards usw.) richtig funktioniert. Das Verwaltungsteam gab uns genug Zeit für den Übergang und die Vorbereitung des Unterrichts und ich hatte und habe heute noch das Gefühl, dass wir als Team arbeiten. Wenn es irgendeine Unsicherheit oder ein Problem gab, war immer jemand da, um zu helfen.

Welche positiven Erfahrungen haben Sie mit der Online-Lehre gemacht? Worin sehen Sie die Schwierigkeiten/ Herausforderungen der Online-Lehre?

Dr. Stefan Wolkenfeld, Head of Department for Music and Secondary School Coordinator: Die Herausforderung im Online-Unterricht mit Grundschülern ist, dass durch die längere Bildschirmzeit die Aufmerksamkeit der Schüler immer wieder aktiviert werden muss. Dies erreiche ich, indem ich Entspannungsmomente wie Bodypercussion-Abschnitte einbaue, auf die ich im Online-Unterricht in kürzeren Intervallen zurückgreife. Dies gilt natürlich auch für die jüngeren Schüler des Gymnasiums. Gruppenaktivitäten, wie gemeinsames Singen, sind in einem Google Meet auf Grund unterschiedlicher Übertragungsraten leider nur schwer zu realisieren. Positiv ist, dass nun Schüler, die sich im Unterricht stiller verhalten, noch aktiver in den Unterricht eingebunden werden können. Zudem habe ich den Eindruck, dass sich einige von ihnen jetzt mehr „trauen”, einen Beitrag zu leisten.

homeschooling mathe accadis isb Damir Dzafic, Elementary School Coordinator: Der Distanzunterricht an der accadis ISB ist ein Erfolg. Diese Erfahrung hat uns bewiesen, dass Teamarbeit, Flexibilität, klare Kommunikation und Engagement wichtiger sind denn je. Innerhalb kürzester Zeit haben wir es geschafft, ein erfolgreiches Online-Lernprogramm einzurichten, welches nicht nur einfach zu bedienen ist, sondern uns auch ermöglicht, mit den Schülern in Kontakt zu bleiben, mit unserem Lehrplan weiterzumachen und eine dringend benötigte Routine zu bieten. Unsere Schüler sind sehr wissbegierig und lernwillig und sie nehmen regelmäßig an unseren Google Meets teil. Diese Erfahrung zeigt, dass der Übergang zum Distanzunterricht erfolgreich war, dass unsere Schüler lernen und Fortschritte machen und dass sie Spaß am Unterricht haben.

Wie halten Sie die Qualität des Unterrichts auch online aufrecht?

Dr. Stefan Wolkenfeld, Head of Department for Music and Secondary School Coordinator: Der Unterricht in Musik wurde durch die Hygiene-Regeln komplett auf den Kopf gestellt. Die Einführung neuer Inhalte muss – noch stärker als im Normalbetrieb ohnehin üblich – durch gezielte Rückfragen unterstützt werden. Hierfür bieten zum Beispiel differenziert und individuell gestaltete Google Forms eine Beurteilung des persönlichen Lernstandes. Praktische musikalische Arbeit findet nun auf anderer Ebene statt: Bodypercussion und – wenn möglich – das noch stärkere Einbinden von Schülern, die Instrumente spielen können, in den Online-Unterricht.

Damir Dzafic, Elementary School Coordinator: Ich habe trotz allem das Gefühl, dass die Qualität des Lehrens und Lernens immer noch hoch ist. Wir folgen beispielsweise weiterhin unserem Lehrplan, die Schüler nehmen an den Google Meets teil, sie beteiligen sich an Gruppen- und Klassendiskussionen, sie arbeiten selbstständig und wir haben immer verschiedene Projekte. Außerdem machen die Schüler eine großartige Arbeit: Sie befolgen die Google-Meet-Regeln und tragen somit maßgeblich zu einer erfolgreichen Unterrichtsstunde bei. Sie wissen, dass immer nur eine Person sprechen sollte, sie können ihre Hand heben oder auf die Schaltfläche "Hand heben" klicken, um zu sprechen, und sie wissen, wann sie ihre Mikrofone stummschalten müssen. Außerdem macht es einen großen Unterschied, den akademischen Fortschritt zu sehen und von den Eltern zu hören, dass sie mit unserem Fernlernprogramm sehr zufrieden sind und dass sie bei ihrem Kind Erfolge sehen können. Das zeigt, dass die Qualität des Lernens nach wie vor hoch ist.

Was, denken Sie, erwartet Sie nach Corona, werden alle Schüler auf dem gleichen Level sein?

Dr. Stefan Wolkenfeld, Head of Department for Music and Secondary School Coordinator: Wenn die Frage daraufhin abzielt, ob es einen Unterschied zwischen dem “Offline” und “Online”-Unterricht gibt, denke ich, dass die Schüler zu Hause von uns Lehrerinnen und Lehrern mit dem gleichen Enthusiasmus, Einsatz und Anspruch unterrichtet wurden wie im Präsenzunterricht. Letztendlich ist natürlich jeder Schüler ein Individuum, sodass es zwischen den einzelnen Kindern – so wie es im Schulalltag eben ist – Unterschiede geben wird. Und das ist natürlich gut so!

Damir Dzafic, Elementary School Coordinator: Wenn die Schüler wieder in die Schule zurückkehren, sind wir uns bewusst, dass sie eine gewisse Zeit brauchen, um sich wieder an das Schulleben anzupassen. Wie wir alle wissen, ist jedes Kind anders, sie entwickeln sich in ihrem eigenen Tempo und wir müssen sie dort abholen, wo sie akademisch stehen und darauf aufbauen. Das Gleiche wird auch dieses Mal gelten, wenn die Schüler wieder in die Schule zurückkehren. Wir werden sie beobachten, um zu sehen, wo sie stehen, und auf dem Wissen werden wir aufbauen.

Wie gestalten Sie Ihren Unterricht?

Dr. Stefan Wolkenfeld, Head of Department for Music and Secondary School Coordinator: Ich binde alle Materialien und Instrumente des Musikraumes in den Unterricht ein. Dafür wähle ich mich zum Teil mehrfach in Meetings ein, um parallel präsentieren, Instrumente spielen und mit den Schülern via Kamera interagieren zu können. Ich nutze Erklärvideos, digitale Arbeitsblätter und andere Materialien wie zum Beispiel das Chrome Music Lab. Statt des Whiteboards nutze ich in der Regel das Google Jamboard. Gerade für die höheren Jahrgänge kann man dadurch sehr gute Ergebnisse in der interaktiven Gruppenarbeit erzielen.

Damir Dzafic, Elementary School Coordinator: Für meinen Unterricht verwende ich hauptsächlich das Smartboard, Videos und Google Slides. Außerdem führen wir Klassendiskussionen, machen Projekte und Experimente in Naturwissenschaften. Mein Ziel ist es, die Schüler so viel wie möglich einzubeziehen und den Unterricht interessant und interaktiv zu gestalten.

Welche schönen Momente berichten die Schüler aus dem Homeschooling?

Dr. Stefan Wolkenfeld, Head of Department for Music and Secondary School Coordinator: Die Schüler der niedrigeren Jahrgänge genießen es, ihre Freunde – wenn auch nur online – persönlich sehen zu können.

Damir Dzafic, Elementary School Coordinator: Aus den Kommentaren und Interaktionen der Schüler geht hervor, dass sie unseren Unterricht genießen. Ich höre immer wieder: "Das hat Spaß gemacht!" oder "Das Projekt hat mir wirklich gefallen." Auch an ihrer Beteiligung und der Qualität ihrer Arbeit ist zu erkennen, dass sie Spaß am Distanzunterricht haben. Die Kinder lachen immer und sind glücklich, Teil des Google Meet zu sein. Das sind die Momente, die mir viel bedeuten.

Was wäre ohne Homeschooling nie möglich gewesen?

Dr. Stefan Wolkenfeld, Head of Department for Music and Secondary School Coordinator: Ich habe mich teilweise mit meinem Mobiltelefon in das Google Meet eingewählt und konnte den Schülern so die Bauweise einer Geige erklären. Auch Details, wie zum Beispiel das Innere der Geige, konnte ich ihnen mit der Kamera zeigen. Die ganze Klasse konnte so gleichzeitig das Instrument betrachten. Auch das gemeinsame Arbeiten an Melodien und kurzen Musikstücken mit dem Chrome Music Lab ist für den Musikunterricht sehr bereichernd. Solche Elemente werde ich auf jeden Fall im Normalbetrieb weiter einsetzen.

Damir Dzafic, Elementary School Coordinator: Diese Erfahrung hat mir noch bewusster gemacht, wie viel wir als Gemeinschaft erreichen können, wenn wir alle zusammen auf das gemeinsame Ziel, unsere Kinder, hinarbeiten. Es war toll zu beobachten, wie sehr unsere Schüler gewachsen sind und wie sie sich an die neue "Normalität" angepasst haben. Sie haben schnell gelernt, wie man einen Computer benutzt und waren stets entschlossen, mehr zu lernen. Wir alle von der accadis ISB sind stolz auf sie und ihre Leistungen.

Schüler

Das Homeschooling war für dich sicherlich eine spannende Erfahrung – wie ist es für dich, nicht in die Schule zu gehen und den Unterricht von zu Hause aus zu verfolgen?

Vanshi, Grade 9: Ich persönlich finde, dass Homeschooling bis zu einem gewissen Grad in Ordnung ist. Dennoch ziehe ich es vor, physisch in der Schule anwesend zu sein.

Welche Herausforderungen bringt das Homeschooling mit sich?

Vanshi, Grade 9: Schwierig wird es, wenn das Internet nicht funktioniert. Dann ist es mühsam, dem zu folgen, was die Lehrer sagen. Außerdem ist es anstrengend, fast 7 Stunden am Tag auf den Laptop-Bildschirm zu starren.

Beschreibe deine Umgebung zu Hause. Wo lernst du? Wie lernst du? Mit wem lernst du?

Vanshi, Grade 9: Zu Hause arbeite ich alleine in meinem Zimmer. Wenn ich Hilfe benötige, unterstützen meine Eltern mich gerne.

Sicher gibt es auch Dinge, die dir zu Hause sogar mehr Spaß machen als in der Schule. Was ist das?

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Vanshi, Grade 9: Nicht unbedingt mehr Spaß aber ein Highlight jeden Tag ist das frisch gekochte Essen, was meine Mutter mir serviert 😃. Außerdem habe ich durch den Wegfall des Schulwegs deutlich mehr Zeit.

Was fehlt dir, wenn du nicht in der Schule sein kannst?

Vanshi, Grade 9: Ich vermisse den Umgang mit den Lehrern und meinen Mitschülern. Es macht immer Spaß, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein, und ich habe das Gefühl, dass ich produktiver bin, wenn ich gemeinsam mit meinen Freunden lerne. Daher hoffe ich, dass ich so bald wie möglich wieder zur Schule gehen kann.

Eltern

Homeschooling ist sicherlich eine neue Herausforderung. Beschreiben Sie, welche Ideen Sie mit Ihren Kindern umgesetzt haben, um den Schulalltag zu Hause zu gestalten.

Leila und Vitor de Sousa, Eltern Grundschule: Bei uns hat jeder Tag mit einem gemeinsamen Frühstück begonnen, bevor es dann um 08:15 Uhr losging. Mein Sohn war sehr selbstständig und hat sich schnell eingefunden, sodass er nur selten meine Hilfe brauchte. Ich denke es ist wichtig, dass man als Elternteil dranbleibt und natürlich im regen Austausch mit den Lehrern steht. Egal welche Frage wir hatten, die Lehrer haben uns immer weitergeholfen, und so konnten wir uns gegenseitig unterstützen.

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Wie zufrieden waren Sie als Eltern mit den Entscheidungen, dem Vorgehen der Schule?

Leila und Vitor de Sousa, Eltern Grundschule: Wir finden, dass die accadis ISB da sehr schnell reagiert hat und meines Erachtens nach auch sehr professionell mit dem Thema Homeschooling umgegangen ist. Wir hatten zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass unsere Kinder nicht gut aufgehoben waren, und die accadis ISB hat immer das beste aus der Situation gemacht. Die Kinder haben keinen Tag das Gefühl gehabt, etwas vom Unterricht zu verpassen. Vor allem meinem Sohn hat es bisher sehr viel Spaß gemacht. Er konnte sich noch besser konzentrieren als seine jüngere Schwester. Rückblickend sind wir sehr begeistert, wie die Schule mit der Situation umgegangen ist und sich angepasst hat. Das schätzen wir sehr.

Dozenten

Wie würden Sie die aktuelle Lehr-Situation beschreiben? 

Prof. Dr. Ralf Wandmacher, Fachbereich Finance and Accounting: Die aktuelle Situation ist sicherlich nicht ganz einfach, aber was ich allein durch die Bildsprache sehe, ist, wie Studierende sich verhalten, wie aber auch Studierende sich in Gruppen zusammentun und zusammenarbeiten, dass die ganze aktuelle Situation und auch die Stimmung sich angepasst hat. Es wäre natürlich schöner, wenn man sich häufiger persönlich sehen könnte, aber insgesamt muss man sagen, dass man über die Technik und das gemeinsame Arbeiten viel erreichen kann. 

Prof. Robert Hattemer, Fachbereich Management and Strategy: Ich habe das Gefühl, dass alle Beteiligten angesichts der schwierigen Umstände versuchen, ihr Bestes zu geben. accadis hat in zusätzliche Geräte und Software investiert, die die Möglichkeiten des Online-Unterrichts verbessern. Viele Studierende sind aufmerksam und interaktiv, doch es ist offensichtlich, dass sie die Interaktion von Angesicht zu Angesicht und die Gelegenheiten, sich in den Pausen zu treffen, vermissen. Ich versuche daher, in allen 90-Minuten-Vorlesungsblöcken Gruppenarbeiten in virtuellen Besprechungsräumen einzubauen, da dies nicht nur die typische Klassenraumumgebung simuliert, sondern ihnen auch die Möglichkeit gibt, ihre Kommilitonen zu sehen und mit ihnen zu arbeiten. Leider gibt es auch eine ganze Reihe von Studierenden, die anscheinend Schwierigkeiten haben, die für Online-Kurse erforderliche Disziplin und Konzentration zu zeigen. Es ist ganz offensichtlich, dass sie nicht aufmerksam sind und in anderen Fenstern oder auf anderen Geräten Multitasking betreiben.

Wie war die Umstellung von offline zu online für Sie?

Prof. Dr. Ralf Wandmacher, Fachbereich Finance and Accounting: Die Umstellung von offline zu online war von der Technik her relativ einfach; die ganze Umstellung habe ich selbst vorgenommen und dadurch, dass ich mit Mac und iPad arbeite, ist mir das Ganze sehr leichtgefallen. Neu war, dass ich mir durch eine weitere Leitung ein Backup geschaffen habe, falls mal eine Leitung ausfällt. Die Umstellung der Materialien hat erheblich länger gedauert und war sehr zeitintensiv. Das Konzept der Vorlesung in eine Online-Vorlesung zu verwandeln ist sehr aufwendig, weil zusätzliche Gruppenarbeiten, zusätzliche Aufgaben, Quizzes und andere interaktive Elemente mit ganz anderen Abläufen erstellt werden müssen. 

Prof. Robert Hattemer, Fachbereich Management and Strategy: Ich bin sehr überrascht, wie gut die Umstellung geklappt hat. Natürlich gab es anfänglich kleinere Schwierigkeiten, wie z. B. technische Probleme oder das vollständige Verständnis für alle Google Meet-Funktionen, aber es war hilfreich, einige Online-Schulungen mit Herrn Schwarz durchlaufen zu haben. Die Umstellung erforderte einen erheblichen Aufwand, da die Vorlesungen neu strukturiert werden mussten. Bestimmte Übungen, die in einer Präsenzlehre gut funktionieren, mussten geändert oder ganz verworfen werden. Mit einigen Änderungen und Anpassungen konnten die meisten Inhalte jedoch recht gut vermittelt werden. Durch das "Learning-by-doing" wurde ich versierter im Umgang mit der Technologie und lernte auch, welche Online-Instrumente für bestimmte Übungen gut oder weniger gut funktionierten, z. B. wann man ein interaktives Whiteboard, wann das Umfragetool oder nur ein Whiteboard verwenden sollte.

Worin sehen Sie die Vorteile der Online-Lehre, was sind die Nachteile?

Prof. Dr. Ralf Wandmacher, Fachbereich Finance and Accounting: Als Vorteil der Online-Lehre sehe ich, dass die Bedeutung von Gruppenarbeiten sowie die Bedeutung von eigenständigem Erarbeiten und einem Coaching Konzept anstelle eines reinen Inhalts-Vermittlungskonzepts viel wichtiger geworden sind. Und das ist gut so. Als Nachteil gilt zu konstatieren, dass sehr häufig der persönliche Bezug fehlt. Das versuche ich zu ändern, z. B. durch sogenannte “ask me anything”-Zeiten, bei denen die Studierenden mir ihre Fragen stellen können – auch unabhängig von der jeweiligen Vorlesung. Das ist ebenfalls durch Einzelgespräche oder auch durch Gruppengespräche möglich. Der persönliche Kontakt fehlt da schon manchmal und den kann man online nicht vollständig ersetzen. Dafür nutzen wir aber auch viele neuartige Technologien, wie die Chat und Meet Funktion von Google, Kurs-Webpages oder z. B. Slack, um für alle Studierenden Transparenz zu erzeugen. 

bildung online 2021 Prof. Robert Hattemer, Fachbereich Management and Strategy: Was den Lernprozess und den Lernerfolg angeht, sehe ich ehrlich gesagt keine Vorteile der Online-Lehre. Die erforderliche Konzentration ist in einer Online-Umgebung sogar höher als im Präsenzunterricht und die Versuchungen der Ablenkung sind deutlich höher. Außerdem muss es für die Studierenden sehr ermüdend sein, vier bis acht Stunden am Tag vor dem Bildschirm zu sitzen, ganz allein und ohne Ermutigung oder Motivation durch ihre Mitstudierenden. Für mich als Dozent ist es schwieriger, mit weniger partizipativen Studierenden zu arbeiten und sie dazu zu bringen, sich auf den Inhalt zu konzentrieren. Der einzige Vorteil, den ich sehe, ist, dass die Studierenden Zeit sparen, weil sie nicht zur Universität und zurück pendeln müssen, und dass dies wiederum zu einer geringeren Belastung der Umwelt führt.

Leidet Ihrer Meinung nach die Qualität der Vorlesungen und wie schätzen Sie den Lernerfolg der Studierenden ein? 

Prof. Dr. Ralf Wandmacher, Fachbereich Finance and Accounting: Die Qualität der Vorlesung leidet meines Erachtens nicht, sondern ich habe festgestellt, dass der Fokus jetzt weniger auf der Vermittlung, sondern mehr auf der gemeinsamen Erarbeitung liegen muss. Damit meine ich, dass wir die Vorlesung von der Qualität insgesamt verbessern, und das ist auch etwas, was nach Corona unbedingt bleiben sollte. Den Lernerfolg der Studierenden schätze ich durch das neue Konzept höher ein als er vorher war. Da muss man auch mit sich selbst kritisch sein. Die Corona-Krise hat auch viel Positives gebracht, wenn man klar auf die Vermittlung des Inhalts fokussiert ist und dort einfach viele neue Konzepte akquiriert. Ich sehe das im Fach Entrepreneurship am Beispiel des Design Thinking. Dieses Konzept wird erst durch die starke Mitarbeit mitsamt Coaching zu dem, was es sein soll. 

Prof. Robert Hattemer, Fachbereich Management and Strategy: Mein subjektiver Eindruck ist, dass die Ergebnisse der vergangenen Prüfungen im Durchschnitt etwa 10 % unter dem lagen, was ich in der Vergangenheit typischerweise beobachtet habe. Die Anzahl der Studierenden, die weniger engagiert zu sein scheinen, scheint mir höher zu sein als in einer typischen Klassenraumumgebung, in der ich sie leichter beobachten, ihnen Antworten entlocken und sie zur Teilnahme ermutigen kann. Wie bereits erwähnt, kommen Studierende mit starker Motivation, Konzentration und Selbstdisziplin wahrscheinlich genauso gut in einem Online-Format zurecht, aber jene Studierenden, die mehr Ansporn brauchen, haben möglicherweise eine deutlich schlechtere Lernerfahrung. Außerdem ist die Entwicklung von Soft-Skills schwieriger.

Jede Situation zieht auch immer etwas Gutes nach sich. Was sollte nach Corona unbedingt bleiben?

Prof. Dr. Ralf Wandmacher, Fachbereich Finance and Accounting: Ein Coaching Konzept zur Vermittlung der Konzepte mit gemeinsamer Erarbeitung dieser Konzepte. Das Anwenden des Coachings mit gemeinsamer Arbeit ist etwas, dass durch die Online-Lehre einen klaren Vorteil gezeigt hat, und genau das sollten wir auf jeden Fall auch nach Corona beibehalten. 

Prof. Robert Hattemer, Fachbereich Management and Strategy: Wenn wir uns entscheiden, einige Module online anzubieten, dann sollten wir bestimmte bewährte Praktiken beibehalten, die wir gelernt haben, wie z. B. die Anforderung, die Kamera immer eingeschaltet zu haben. Ich biete auch Online-Kurse an anderen Universitäten an, bei denen die überwiegende Mehrheit der Studierenden ihre Kamera ausschaltet. Ich würde diese Situation als eine schreckliche Unterrichtserfahrung beschreiben, da die Interaktion zwischen sehr wenigen Studierenden stattfindet und ich nicht weiß, ob die Studierenden eingestimmt sind.

Studierende

Wie war der Informationsaustausch zwischen Ihnen und der Hochschule?

Kassandra Geyer, International Football Management M. A.: Von Anfang an habe ich mich immer gut von der Hochschule über die aktuelle Situation und die geltenden Regelungen informiert gefühlt. Hierbei hatte und habe ich auch das Gefühl, dass die accadis sich intensiv mit den geltenden Bestimmungen auseinandersetzt und darauf basierend versucht, das Bestmögliche für die Studierenden zu erreichen. So habe ich mich beispielsweise mit der hochschulinternen Umfrage an alle Studierenden zum Thema „Durchführung der Vorlesungen“ mit in den Entscheidungsprozess einbezogen gefühlt. Über die Durchführung von Prüfungen sowie das allgemeine Verhalten innerhalb der Hochschule wird regelmäßig und sehr klar informiert, sodass sich hierbei für mich keine offenen Fragen ergeben. 

Franziska Fanderl, Business Communication Management B. A.: Der Informationsaustausch mit der accadis verlief sowohl bereits vor Studienstart als auch während der Pandemie und im Laufe der Online-Vorlesungen sehr gut. Im Allgemeinen ist die Studien- und Prüfungsorganisation (SPO) wirklich gut organisiert und geht schnell auf unsere Anliegen ein.

Waren die Entscheidungen der Hochschule für Sie nachvollziehbar/ in Ordnung? 

Kassandra Geyer, International Football Management M. A.: Im Rahmen dessen, was je nach aktuellen Beschlüssen der Politik möglich war, hat die accadis meiner Meinung nach immer sehr adäquat reagiert. Ich persönlich hatte bis jetzt noch keine schriftliche Präsenzprüfung im Master-Studium, würde dieses Format aber immer befürworten und bin froh, dass die accadis die Möglichkeiten hat, diese so durchzuführen, dass alle Beteiligten bestmöglich geschützt sind. In den Wochen, in welchen der Präsenzunterricht im kleinen Rahmen möglich war, wurde den Studierenden ein sehr flexibles hybrides Unterrichtssystem geboten, das ich zu jeder Zeit als sehr passend empfunden habe. Ich finde, die accadis hat im richtigen Moment entschieden, die Vorlesungen vollständig auf online umzustellen. 

Franziska Fanderl, Business Communication Management B. A.: Durch eine Umfrage wurden wir vor allem während des ersten Lockdowns super mit in die Entscheidungen der Hochschule bezüglich Online- und Präsenzvorlesungen einbezogen. Die Prüfungen waren sehr sinnvoll gestaltet, allerdings wurde es nach mehrfachem Lüften an den Fensterplätzen extrem kalt. Die hybriden Vorlesungen (ein Mix aus Online-Vorlesungen und Präsenzveranstaltungen) zu Beginn des Trimesters haben gut geklappt. Für mich war es deshalb optimal, da ich nicht beide Modelle an einem Tag hatte, sondern die Vorlesungen entweder offline oder online waren. Wenn wir in absehbarer Zeit wieder zu dem hybriden Modell wechseln sollten, wäre es mir ein großes Anliegen, kleine Gruppen nicht "unnötig" in die Hochschule zu bewegen, damit man genug Zeit für einen Wechsel oder zum Pausieren hat, auch da die Fahrzeit häufig die wahre Vorlesungszeit übersteigt. Hinzu kommt, dass jeder accadix so individuell auf die Gesamtsituation reagiert und unterschiedlich große Bedenken äußert, wodurch die Stimmung "offline" manchmal angespannter sein könnte, als sie sein müsste, wenn man auch für kleine Gruppen online weiterfährt. Letzteres ist mir beispielsweise kurz vor dem Lockdown im Dezember aufgefallen: Die Rückkehr zu einem hybriden Modell macht für mich in der derzeitigen Situation nur Sinn, wenn der Präsenzunterricht aus Sicht der Infektionszahlen möglich ist undwenn es etwas wie "Tagespräsenzen" gäbe und nicht zwischen On- und Offline am selben Tag hin und her gewechselt wird.

Hat der Kontakt zu anderen Studierenden durch die Online-Vorlesungen gelitten? Bzw. wie war der Studienbeginn für Sie, haben Sie trotzdem Ihre Kommilitonen kennengelernt?

Kassandra Geyer, International Football Management M. A.: Ich finde, dass der Kontakt extrem unter den Online-Vorlesungen leidet. Ich bin noch in der privilegierten Lage, einige Kommilitonen aus dem Bachelor zu kennen, mit denen ich mich sehr gut verstehe und mit denen ich auch entsprechend unabhängig von den Vorlesungen viel Kontakt habe. Was das Master-Studium jedoch auch ausmacht, sind die vielen Kommilitonen, die aus anderen Ländern kommen und mit denen der Austausch daher besonders spannend ist, weil man so viel Neues über andere Kulturen und Menschen kennenlernen kann. Sich mit dieser Gruppe zu vernetzen, ist leider deutlich schwieriger. Man sieht die Gesichter nur zwei bis dreimal die Woche in klein auf dem Bildschirm und kommt oftmals in keinen persönlichen Austausch. Ich bin froh, auch mal die ein oder andere Nachricht und damit ein Lachen während der Vorlesung mit Kommilitonen auszutauschen aber es fehlen die gemeinsamen Pausen, das gemeinsame Lernen in der Lounge und die Kurzgruppenarbeiten während der interaktiven Vorlesungen in einem der Gruppenräume. 

Franziska Fanderl, Business Communication Management B. A.: Der Kontakt zu meinen Kommilitonen war und ist natürlich etwas schwieriger. Was allerdings sehr geholfen hat, war die Einführungswoche in "live", da man dort schon viele Gesichter gesehen hat und sich etwas kennenlernen sowie erste Kontakte knüpfen konnte. Ich weiß von Freunden, die an anderen Unis studieren, dass das Ganze ohne eine Einführungswoche nochmal ganz anders aussehen kann: Dann sitzt man plötzlich mit vielen unbekannten Gesichtern in einem „Boot“, ohne sich überhaupt mal gesehen zu haben.

Ist die accadis dem Anspruch „persönliche Hochschule“ auch online gerecht geblieben?

Kassandra Geyer, International Football Management M. A.: Der persönliche Kontakt zu den Dozenten ist durch die Situation und die Umstellung auf virtuelles Lernen beinahe noch besser geworden. Eigentlich bietet jeder Dozent an, dass man nach der regulären Vorlesung noch weiter in dem Call bleiben kann, um Fragen zu stellen, die man nicht unbedingt in der größeren Gruppe stellen möchte. Auch wird der Google Classroom nun noch intensiver genutzt sowie die Chatfunktionen im Classroom unter der Rubrik abgegebener Aufgaben. Ich finde trotz allem, dass eine Unterhaltung „in echt“ bereichernder und natürlich noch etwas persönlicher ist.

Franziska Fanderl, Business Communication Management B. A.: Meiner Meinung nach ist die accadis ihrem Motto treu geblieben - die SPO sowie die Dozenten waren jederzeit per E-Mail oder Intranet erreichbar, was ich persönlich vor allem in Online-Zeiten sehr wichtig finde, um den Kontakt zu halten.

Neue Situationen bringen auch immer neue Erkenntnisse mit sich: Welche Learnings ziehen Sie aus dem letzten Jahr?

Kassandra Geyer, International Football Management M. A.: Mein größtes Learning des vergangenen Jahres ist die Dankbarkeit für die Normalität. Ich habe mir fest vorgenommen und weiß, dass ich alles noch viel intensiver und dankbarer wahrnehmen werde, wenn wir wieder in so etwas wie eine Normalität zurückkehren werden. Leider kann ich mich nicht mit Aussagen identifizieren, wie: „Ich hatte viel mehr Zeit für mich selbst“ oder „Ich habe neue Dinge begonnen, die ich schon immer einmal lernen wollte“. Die aktuelle Zeit bedeutet für mich nicht nur Stress, sondern auch gleichzeitig ein anhaltendes Gefühl, in einem Hamsterrad gefangen zu sein, aus dem man nicht so recht entfliehen kann. Dabei bin ich in der glücklichen Lage, dass es meiner Familie, meinen Freunden und mir gut geht und ich damit das Gefühl habe, mich absolut nicht beschweren zu dürfen. Somit ist ein weiteres Learning für mich, dass ich ab und zu versuche, innezuhalten und mir alles zu vergegenwärtigen. Dadurch realisiere ich intensiver, worüber ich mich freuen kann und wofür ich dankbar bin, gebe mir gleichzeitig aber auch die Möglichkeit, festzustellen, was mich belastet und traurig macht.

Franziska Fanderl, Business Communication Management B. A.: Das ist eine spannende Frage, da gab es tatsächlich einige. Allen voran würde ich sagen, dass ich mehr als nur einmal realisiert habe, dass das Einzige, was uns stetig bleiben wird, die Veränderung ist. Deshalb sollte man nicht gegen sie ankämpfen. Das stückweise "Loslassen" von Bekanntem, was oft sehr schwerfällt, und die Offenheit für Neues sind dabei besonders wichtig.

Möchten Sie sobald wie möglich wieder zurück an die Hochschule oder können Sie sich Online-Vorlesungen auch auf Dauer/ für einzelne Module vorstellen?

Kassandra Geyer, International Football Management M. A.: Zu diesem Thema vertrete ich eine ganz klare Meinung. Sobald es nur irgendwie wieder möglich ist, möchte ich gerne vor Ort lernen dürfen. Dies hat unterschiedliche Gründe. So viel Mühe, wie jeder Beteiligte der accadis in funktionierende Online-Vorlesungen steckt: Es ist einfach nicht dasselbe wie eine reguläre Vorlesung vor Ort unter normalen Bedingungen. Ich persönlich nehme sehr viel mehr mit, wenn mir etwas offline vermittelt wird, beteilige mich lieber, wenn ich mit allen in einem Raum sitze und fühle mich einfach wohler und ausgeglichener. Es ist gut, dass so schnell das gesamte System umgestellt werden konnte, aber ich habe die große Hoffnung, dass es auch genauso schnell wieder in die andere Richtung umgestellt werden kann, sobald dies von den Maßnahmen her wieder möglich ist. Ich bin ein Mensch, dem persönliche Bindungen und Beziehungen wichtig sind. Es ist für mich merkwürdig, teilweise mit Kommilitonen nun schon über Monate guten Kontakt über WhatsApp und Co. zu haben, während ich „im echten Leben“ noch nicht einmal ein Wort mit ihnen gewechselt habe. Gerade im kurzen zweijährigen Master ist das eine bereits lange Zeit, die in dieser Form nie wieder zurückkommen wird. Und neben dem Lernen sollte meines Erachtens Studieren auch dazu da sein, neue Menschen kennenzulernen und neue Freunde zu finden. Mit diesen Aussagen möchte ich mich nicht beschweren, da ich ehrlich dankbar bin, dass alles trotzdem noch funktioniert, die allgemeine Qualität nicht darunter leidet und das Studium trotz allem in Regelzeit abgeschlossen werden kann. Allerdings ist mein Wunsch nach Normalität aktuell so stark wie nie zuvor!

Franziska Fanderl, Business Communication Management B. A.: Ich freue mich schon sehr darauf, wieder unter normalen Umständen für längere Zeit in die Hochschule zurückzukehren. Unter der Annahme, dass ab Zeitpunkt X das Virus "gebändigt" wurde oder auch angenommen, es hätte nie eines gegeben, finde ich Online- statt Offlinevorlesung auch in Teilmodulen überflüssig. Der persönliche Kontakt zu den Mitmenschen ist einfach durch nichts zu ersetzen und genau das macht die accadis ja auch aus: Die persönliche Hochschule, ein Ort, an dem man zusammenkommt. Für mich stellt auch genau das einen wichtigen Teil des Studiums dar: das Miteinander unter den Kommilitonen.

Fazit

Vielen Dank für all die interessanten Meinungen und Aspekte zum Thema Bildung in Zeiten von Corona. Auch wir innerhalb der accadis-Familie stellen fest, dass die Meinungen auseinander gehen und jeder anders mit der Situation umgeht. Dennoch hat uns das Jahr 2020 gezeigt, dass wir unseren Studierenden und Schülern auch unter großen Herausforderungen Bildung auf höchstem Niveau garantieren können. Mit diesen Erfahrungen sehen wir optimistisch in die Zukunft und werden auch nach der Pandemie mehr digitale Elemente in der Unterrichtsgestaltung nutzen als zuvor. Aber bei aller Digitalisierung: Am meisten freuen wir uns, sobald wir wieder alle Studierenden und Schüler ganz real vor Ort an der accadis Hochschule und der accadis International School willkommen heißen dürfen – und Lehre wieder in die persönliche Interaktion eingebettet ist.

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