
Der Schüler Bledion Vladi gründete nach seiner
Migration aus Albanien das Projekt „Wir lernen Deutsch“ und bringt Flüchtlingen
erfolgreich die deutsche Sprache bei.
Der 21-jährige
Albaner Bledion Vladi kam vor drei Jahren aus seiner Heimat nach Deutschland.
Heute lebt er in Idstein. Er weiß, wie schwierig es ist, in einem fremden Land
anzukommen und sich zu integrieren. Eine große Hürde sei meist die Sprache,
sagt er. Mit viel Motivation und Engagement hat Bledion Vladi jedoch in sehr
kurzer Zeit Deutsch gelernt und anschließend angefangen, Flüchtlinge zu
unterrichten. Das zunächst kleine Projekt „Wir lernen Deutsch“ hat bis heute
zahlreiche Menschen in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt integriert.
Bledion Vladi absolviert derzeit sein international Baccalaureate Diploma an
der accadis ISB und plant parallel das für den Deutschen Integrationspreis 2018
nominierte Folgeprojekt „The Story Store“.
Sprache als Tor zur Welt
„Mit ‚Wir
lernen Deutsch‘ wollte ich zeigen, dass es möglich ist, eine neue, schwierige
Sprache zu lernen“, erinnert sich der Oberstufenschüler an die Anfangszeit des
Projekts. „Deshalb fing ich an, jeden Samstag Flüchtlinge zu unterrichten, und
gründete später das facebook-Profil ‚Wir lernen Deutsch‘. Es hat mittlerweile
10 700 Abonnenten. Ich möchte Flüchtlingen und der Gesellschaft
bewusstmachen, dass Sprache das Tor zur Welt ist.“ Momentan unterrichtet
Bledion Vladi über E-Learning-Systeme. „Zeitlich schaffe ich es nicht,
klassischen Unterricht vor Ort zu geben. Zudem wurde die
Gemeinschaftsunterkunft, in der ich unterrichtet hatte, im vergangenen Jahr
geschlossen. Auch das facebook-Profil fordert meine Zeit. Wir reagieren auf
jeden Beitrag, liken, teilen und kommentieren. Aber ich mache es gern.“
Traumatisierte Flüchtlinge
unterrichten
Die größte
Herausforderung sei, so Bledion Vladi, die Sprachschüler dauerhaft zu
motivieren. „Sie haben viel erlebt. Viele leiden unter Traumata und brauchen
psychologische Hilfe. Nicht zuletzt vermissen sie ihre Familien.
Verständlicherweise fällt es dem einen oder anderen manchmal schwer, sich am
Unterricht zu beteiligen.“ Im Unterricht haben die Schüler dennoch viel Spaß.
„Oft frage ich nach der arabischen Übersetzung für einzelne Worte. Wenn
deutsche Worte oder ihre Pendants lustig klingen, lachen wir zusammen und
erleben, wie unterschiedlich Sprachen sind.“ Schwierigkeiten haben viele
Schüler mit den deutschen Artikeln „der, die, das“ und mit den deutschen Kasus.
„Immer wieder fragen meine Schüler, warum die deutsche Sprache so kompliziert
sei und warum sie mehr Regeln habe als viele andere Sprachen. Wann muss ich den
Dativ, wann den Akkusativ verwenden? Was ist nochmal der Genitiv? Warum heißt
es nicht ‚das Blume‘?“
Mit „Wir lernen Deutsch“
auf den Arbeitsmarkt
Trotz der
Hürden, welche die deutsche Sprache mit sich bringt, hat das Projekt großen
Erfolg. „Viele meiner ehemaligen Sprachschüler sprechen Deutsch mittlerweile
auf B1- und B2-Niveau und machen eine Ausbildung. Der Unterricht ist also eine
gute Basis für Integration.“
Flüchtlinge schreiben ein
Buch
Mit dem
Workshop „Storytelling for Change“ ist Bledion Vladi auch literarisch
umtriebig. In dem Gemeinschaftsprojekt mit MasterPeace Wiesbaden haben 19
Geflüchtete ihre Flucht-Erlebnisse mit Hilfe von Sprachdozentinnen
niedergeschrieben. Im Juni 2018 werden sie im Buch „Warum wir hier sind –
Reisegeschichten aus unserer Welt“ veröffentlicht.
Nominiert für den
Deutschen Integrationspreis 2018
Bledio Vladi
hat ein weiteres Herzensprojekt. „Mit meiner Kollegin Kristine Tauch möchte ich
‚The Story Store‘ gründen, einen online-Shop, um außergewöhnliche Bücher und
Textilwaren von Geflüchteten zu verkaufen. Jedes Produkt trägt die Geschichte
seines Entwicklers.“ Mit dem Projekt ist Bledion Vladi für den Deutschen
Integrationspreis 2018 nominiert.
Mit dem
Engagement für seine Mitmenschen begeistert Bledion Vladi auch seine
Schulkameraden und Lehrer. „Seine außerschulischen Aktivitäten beeindrucken uns
sehr“, sagt Gerda Meinl-Kexel, Geschäftsführende Gesellschafterin der accadis ISB.
„Bledion Vladi ist ein leuchtendes Beispiel für den Blick über den Tellerrand.
Sein Sprachunterricht überwindet alle Grenzen der Integration. Wir sind stolz,
dass er ein accadis ISB-Schüler ist.“